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As Tears Go By (1988) – Filmkritik

„People like us don’t have tomorrows.“

Das Spielfilmdebüt von Wong Kar-wai vereint zwei Geschichten in einer. Wie eine Münze mit zwei Seiten zeigt AS TEARS GO BY die brutale Welt der Triaden auf der einen und auf der anderen die romantische Liebe zweier einsamer Seelen in Hong Kong. Diese Mischung ist nicht nur spannend im Hinblick auf die Anfänge eines der bedeutendsten Regisseure, sondern auch in Bezug auf die Leichtigkeit beim Wechsel zwischen den Handlungen. In einem Moment werden noch blutige Schlägereien im Neonlicht ausgetragen und im nächsten Augenblick stehen zwei schüchterne Verliebte nebeneinander und wissen nicht was sie sagen sollen. Die große Stärke des Films liegt in seiner präzisen stimmungsvollen Optik und der Erzählung dieser Liebesgeschichte, der die Tragödie mit jedem Schritt auf den Fersen ist. AS TEARS GO BY, der inspiriert wurde von Martin Scorseses HEXENKESSEL (MEAN STREETS, 1973), verströmt förmlich den Duft des schwülen Großstadtsommers und den 1980er-Jahren.

© Koch Films

Handlung

Ah Wah (Andy Lau) ist ein Nachtmensch. Er arbeitet als Schuldeneintreiber für die Triaden Hong Kongs und verbringt seine Zeit in Nachclubs. Eines Tages steht seine Cousine vor der Tür, die er noch nie gesehen hat. Die schöne Ah Ngor (Maggie Cheung) hat eine Lungenkrankheit und muss für ein paar Tage sich im nahegelegenen Krankenhaus untersuchen lassen. Beide sehen sich in den Tagen kaum, aber wenn, dann scheint es zwischen beiden zu funken. Wah hat jedoch jede Menge Probleme mit seinem Triaden-Bruder Fly (Jacky Cheung), der sich immer mit den falschen Leuten anlegt und jede Menge Spielschulden anhäuft. Das Leben scheint nun zwei Wege für Ah Wah bereitzuhalten: Entweder er folgt Ngor, in die er sich verliebt hat oder er beschützt weiterhin seinen Blutsbruder, der aber unweigerlich an den Falschen geraten wird und mit seinem Leben spielt. Liebe oder Loyalität?

© Koch Films

Die 1980er-Jahre

Andy Lau ist perfekt in der Rolle des coolen Gangsters, eiskalten Killers und hoffnungslosen Romantikers. Mit flottem Seitenscheitel zeigte er bereits 1988 welche Talente in ihm stecken, der Start in eine der kommerziell erfolgreichsten Karrieren des asiatischen Kinos. In lässigen Klamotten und Ray-Ban-Sonnenbrille bringt er selbst zur schmalzig-kantonesischen Version von „Take My Breath Away“ Ernsthaftigkeit vor die Kameralinse, auch wenn man unweigerlich an Tom Cruise in TOP GUN (1986) denken muss. Die rauchende Zigarette gehört zum Standard-Accessoire und das kalte Licht der Reklamen und Neonlichter veredeln ihn in den dunkeln Gassen der Metropole. Er verkörpert ein ruhendes Gegenüber zu dem ständig provozierenden Fly. All das, fließt in das komplexe Regelwerk der chinesischen Mafia, in der Ansehen das wichtigste Eigenkapital ist. AS TEARS GO BY lebt von seinen Orten, den kühlen Mah-Jongg-Hallen, den feuchten Gassen und düsteren Wohnungen. Es ist ein Film der Unterwelt, der sich nur selten ins Tageslicht traut. Oberflächlich ist es ein sogenannter Heroic Bloodshed, ein Subgenre des 1980er-Actionfilms in Hong Kong. Übersilisierte Kämpfe rahmen einen starken, moralisch ausgeprägten Charakter ein, wie zum Beispiel in der A-BETTER-TOMORROW-Trilogie oder CITY ON FIRE (1987). Der Begriff der Hong-Kong-Blut-Oper passt hier aber besser, da die Emotionen im Vordergrund stehen und nicht die Spezialeffekte oder choreografierten Kämpfe.

© Koch Films

Prägender Erstlingsfilm

Auch wenn hier noch nicht der spätere Dauer-Kameramann Christopher Doyle für die Bilder verantwortlich ist, kann man die ersten Ansätze einer individuellen und visuellen Handschrift des Regisseurs erkennen. Die Perspektiven blicken manchmal von der Decke hinab, folgen der Action auf Hüfthöhe oder isolieren die Charaktere in starken Kontrasten aus Licht und Dunkelheit. Ein Stilmittel was immer wieder in Wong Kar-wais Filmen auftauchen wird, ist die Zeitlupe, die mit niedriger Bildrate gezeigt wird. In AS TEARS GO BY finden sie ihre Anwendung in den Kämpfen, aber auch in den leidenschaftlichen Szenen zwischen Wah und Ngor. Wenn die Emotionen am stärksten sind, muss die Kamera ihre Bilder verlangsamen und die Momente werden mehr fotografiert als gefilmt. Die Bewegungen sind unschärfer und wirken wie dicke Pinselstriche auf der Szenerie.

© Koch Films

Wong Kar-wai im Heimkino

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Zum ersten Mal auf Blu-ray und Ultra-HD Blu-ray kann AS TEARS GO BY in einer würdigen Restauration gesehen werden. Koch Films veröffentlichte den Film in UHD, HD und SD in einer Special-Edition mit 12-seitigem Booklet, Extras wie alternativen Enden und einer Bildgalerie. Als Beginn der Filmografie von Wong Kar-wai genau der richtige Startschuss. Es gibt noch weitere Filme des Regisseurs in einer solchen limitierten Edition.

Fazit

In jungen Jahren wäre AS TEARS GO BY direkt auf meiner Lieblingsfilmliste des asiatischen Kinos gelandet. Etwas später aber immer noch eine tolle Entdeckung mit perfektem 80er-Jahre-Destillat, handfester Gangsterstory, glaubwürdigen Figuren und visuellem Genuss in den zwielichtigen Gassen Hong Kongs.

© Christoph Müller

Titel, Cast und CrewAs Tears Go By (1988)
OT: Wong Gok ka moon
Poster
Releaseseit dem 14.04.2022 in einer Special-Edition (UHD+BD+DVD)

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RegisseurWong Kar-Wai
Trailer
BesetzungAndy Lau (Wah)
Maggie Cheung (Ngor)
Jacky Cheung (Fly)
Alex Man (Tony)
Ronald Wong (Site)
DrehbuchJeffrey Lau
Wong Kar-Wai
FilmmusikDanny Chung
Teddy Robin Kwan
KameraAndrew Lau
SchnittCheong Bei-Dak
Kai Kit-Wai
Filmlänge99 Minuten
FSKab 16 Jahren

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