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Arielle, die Meerjungfrau (2023) – Filmkritik

„Arielle und das große Egal“

Und täglich grüßen die tristen Disney-Life-Action-Remakes. War das Anfang der 2010er Jahre noch durchaus das talk of the town, lässt sich wohl spätestens seit Guy Ritchies grandios nichtssagendem ALADDIN Remake eine Gleichgültigkeit seitens des Publikums verzeichnen, beziehungsweise eine gefühlte Gleichgültigkeit. ALADDIN spielte alleine in Deutschland immer noch 18 Millionen Euro ein und konnte sich als elfterfolgreicher Film des Jahres positionieren. Aber haben wir ernsthaft Menschen über diesen Film sprechen hören?

Arielle, die Meerjungfrau (2023)
© Disney

Sicherlich ist dies kein reines Disney-Phänomen. Die Tatsache des „unsichtbaren Erfolgs“ kann man auf so gut wie jeden modernen Blockbuster, die Marvel-, Star Wars- und DC-Marken mal ausgenommen, anwenden. Filme spielen ein Heidengeld ein, finden in einer öffentlichen Diskussion aber nichtmehr statt. Gerade die Disney-Remakes sind eigentlich nur noch reine Produkte, Dienstleistungsfilme sozusagen, ein filmischer McDonalds-Besuch. Man weiß genau, was man bekommen wird, man konsumiert, man vergisst. Versuchte Disney zu Beginn der Remake-Welle noch mit Regisseuren wie Kenneth Branagh ein gewisses Auteurversprechen zu suggerieren, begreift man diese Remakes seit BEAUTY AND THE BEAST auch als Politikum. Konzernweise schlägt man sich krachend auf die Schulter für die so offen demonstrierte Weltoffenheit, wenn man in einer Hintergrundszene ein homosexuelles Paar abbildet oder nun in ARIELLE die Hauptrolle mit einer POC besetzt. Nicht falsch verstehen: Colorblind Casting ist in keinster Weise ein Novum. Und auch die Besetzung einer schwarzen Arielle sollte nicht zu Diskussionen anregen (was natürlich trotzdem passierte, dazu später mehr). Nein, es ist diese Krux mit der offensichtlich kalkulierten Produktdisposition der Disneyfilme. Denn natürlich steckt hinter dieser Besetzung keine weltoffene Agenda oder gar der Wunsch, marginalisierte Gruppen tatsächlich im Kino sichtbar zu machen, sondern reines Finanzbewusstsein.

Dass die Besetzung von Halle Bailey die nett gesagt konservative Denkrichtung eines großen (oder sehr lauten) Teil des Disney-Fandoms offenbarte, bestätigt eigentlich auch nur die an sich reaktionären Botschaften der klassischen Disneyfilme. Bailey ist der einzige Grund, dass ARIELLE teilweise funktioniert. Ihr unschuldiges Charisma, gepaart mit einer Stimme, die es tatsächlich schafft, dem sattsam bekannten Arielle-Soundtrack neue Facetten abzugewinnen. Es hat ja auch immer etwas faszinierendes, bei der Starwerdung eines „neuen“ Gesichtes dabei zu sein.

Arielle, die Meerjungfrau (2023)

So brillant Bailey in der Titelrolle ist, so egal ist der Rest. Javier Bardem und Melissa McCarthy stehen eher als Namen auf dem Kinoplakat, als dass ihre Besetzung von ARIELLE, DIE MEERJUNGFRAU irgendetwas hinzufügen würde. John Hauer-King als Eric ist zweckmäßig sympathisch-gutaussehend, Daveed Diggs (Sebastian), Awkwafina (Scuttle) und Jacob Tremblay (Flounder) leisten stimmmäßig einiges, leiden aber unter der Tatsache, dass ihre realistisch animierten Charaktere ihrer drehbuchseitig behaupteten Quirkiness entgegenwirken. Man tauscht das farbenfrohe Animationswunderland gegen ein (auch gerade optisch) düsteres Unterwasserland ein, was gerade in den häufig gesetzten Bedrohungs- und Spannungssequenzen durchaus funktioniert.

Arielle, die Meerjungfrau (2023)

Das ARIELLE, DIE MEERJUNGFRAU 2023 denselben ikonischen Status wie das 1989er Original erreichen wird, ist nicht nur fraglich, sondern wohl auch von vornerein auszuschließen. Das wollen diese Disney-Remakes ja auch gar nicht. ARIELLE, DIE MEERJUNGFRAU ist ein bisschen mehr als ein temporärer Aufmerksamkeitsgenerator, der perfekt darauf abgestimmt ist, ganze Generationen ins Kino zu spülen, mehr aus Pflichtgefühl, denn aus ernsthaftem Interesse. Die Eltern können „noch mal Kind sein“ (wobei die Frage erlaubt sein muss, wann wir denn im heutigen Kino keine Kinder sind) und eine Erinnerung der Kindheit an ihren Nachwuchs weiterreichen. Diese Nostalgie bewahrt auch vor wahrhaft kritischem Urteil, denn im Gehirn läuft ständig der 89er-Film mit und so bleibt das Urteil, dass „das Original schon besser war“. Dieser textlich bereits eingebaute Konsens nervt nicht nur, er treibt uns immer weiter ins Zeitalter des großen Egal.

© Fynn

Titel, Cast und CrewArielle, die Meerjungfrau (2023)
OT: The Little Mermaid
Poster
ReleaseKinostart: 25.05.2023
RegisseurRob Marshall
Trailer
BesetzungHalle Bailey (Arielle)
Jonah Hauer-King (Erik)
Melissa McCarthy (Ursula)
Javier Bardem (Triton)
Art Malik (Grimsby)
Noma Dumezweni (Königin Selina)
Simone Ashley (Indira)
Lorena Andrea (Perla)
Daveed Diggs (Stimme von Sebastian)
Jacob Tremblay (Stimme von Flounder)
Awkwafina (Stimme von Scuttle)
DrehbuchJane Goldman
David Magee
KameraDion Beebe
MusikAlan Menken
SchnittWyatt Smith
Filmlänge135 Minuten
FSKab 6 Jahren

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