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Apocalypse Now (1979)

Apocalypse Now – Final Cut | Filmkritik

„Die Essenz“

Hunderte haben sich an Analysen gewagt, tränenreiche Lobeshymnen geschrieben oder vernichtende Meinungen in die Filmwelt geschrien. Dennoch, selbst nach Jahrzehnten bleibt APOCALYPSE NOW einer der intensivsten Filmbeiträge zum Vietnamkrieg und dem moralischen Unterfangen einen Mann zu töten. Francis Ford Coppola wurde gefragt, ob er sein Kunstwerk und eine der schwierigsten Produktionen der Filmgeschichte – die intensiv in der Dokumentation HEART OF DARKNESS aufbereitet ist – noch einmal in neuem Glanz erstrahlen lassen möchte. Seine Antwort darauf: APOCALYPSE NOW FINAL CUT. Die Kinoversion von 1979 war nach der geldzehrenden Entstehung stark beschnitten.

Apocalypse Now (1979)
Martin Sheen Szenenbild aus APOCALYPSE NOW FINAL CUT / © Studiocanal/Arthaus

Das Cutter-Team, allen voran Walter Murch als einer der besten Editoren, schnitt aus einem 330-Minuten-Rohschnitt, publikumsverträgliche 2 Stunden und 27 Minuten zusammen. Der Erfolg bei Zuschauern und Kritikern belohnte die aufwändigen Produktionsjahre. Coppola war nie ganz mit der Montage der Kinoversion zufrieden und schnitt zusammen mit Walter Murch eine 50 Minuten längere Version. Dieser Director’s Cut wurde 197 Minuten lang und als APOCALYPSE NOW REDUX im Jahr 2001 veröffentlicht. Bemerkenswert bei dieser Version ist die digitale Dolby-Surround-5.1-Mischung, die ein noch intensiveres Erlebnis ermöglichte.

Apocalypse Now (1979)
Walter Murch, verantwortlich für den Schnitt, Ton-Mischung und -Design bei der Kinoversion und Redux

Final Cut

Eigentlich sollte APOCALYPSE NOW „nur“ auf den aktuellen digitalen Restauration-Stand zum 40-jährigen Jubiläum gebracht werden, was dank des gut gehüteten Negativ-Masters von Coppola kein Problem darstellte. Aber auch im akustischen Bereich wollte man hinter eine erneute Kinoveröffentlichung ein Ausrufezeichen setzen. DOLBY Atmos®, das sich immer wieder in den vergangenen Jahren bei verschiedensten Genre bewiesen hat, kam hier genau richtig. Kinos mit dieser Technik verfügen nicht nur über Lautsprecher an der Saaldecke, sondern auch mehr Leistung bei den niedrigen Frequenzen und können mehr Sound-Kanäle von den Saalwänden ertönen lassen. Wer einmal einen gut abgemischten Film in DOLBY Atmos® erlebt hat, will eigentlich nichts anderes mehr im Lichtspielhaus hören.

Apocalypse Now (1979)
© Zoetrope Studios / United Artists

Szenen raus

Wenn Francis Ford Coppola schon einmal die Hände an sein Kunstwerk legt, setzt er auch die Schere an und kürzt APOCALYPSE NOW REDUX um 13 Minuten. Es wurden keine Szenen neu zusammengeschnitten, dafür hatte Editor Walter Murch einfach zu gut gearbeitet. Die Szene nach der Playmate-Show in der Filmmitte wurde komplett entfernt. Hier trifft die Besetzung des Bootes auf den gestrandeten Helikopter mit den vollbusigen Stars des Playboys. Captain Willard (Martin Sheen) handelt einen Deal für eine schnelle Nummer mit den Damen gegen ein Fass Treibstoff aus. Diese Szene macht die jungen Soldaten für uns Zuschauer menschlicher, zeigt aber auch welch dreckiges Geschäft mit nackter Haut gemacht wird. Die Ladys waren sicherlich schon vor ihrer Reise in den Vietnam-Krieg verrückt, was diese Szene nur umso trauriger macht. Die Szenenentfernung macht den Weg über den Fluss in das dunkle Herz eines Attentats aber konsequenter und intensiver. Somit bleibt Roxanne Sarrault (Aurore Clément) die einzige weibliche Sprechrolle in APOCALYPSE NOW FINAL CUT. Was die Frage auch beantwortet, ob die umstrittene Szenen mit der französischen Familie hinter der kambodschanischen Grenze immer noch enthalten ist. Coppola ist das Thema der französischen Kolonialzeit zu wichtig und sie ist auch im FINAL CUT enthalten.

Apocalypse Now (1979)
© Zoetrope Studios / United Artists

Dann ist noch eine Szene am Ende, in der Willard bereits von Cornel Kurtz (Marlon Brando) gefangen genommen wurde, ebenfalls entfernt worden. Hier schauen die einheimischen Kinder durch die Schlitze des Containers in dem Willard eingesperrt ist. Kurtz liest aus der Zeitschrift vor und genehmigt ihm danach sich frei bewegen zu können. Eine sehr schöne Szene mit Brando und den Stammeskindern. Aber vielleicht zu schön für den Aufbau des düsteren Finales. Kurtz wird hier noch bipolarer dargestellt, aber Brandos Spiel reicht vollkommen für den Showdown.

Apocalypse Now (1979)
Marlon Brando Szenenbild aus APOCALYPSE NOW FINAL CUT / © Studiocanal/Arthaus

Technisches Upgrade im Kinoerlebnis

Bevor der Film mit einem der besten Intro-Songs der Filmgeschichte beginnt, führt Coppola in einem Intro noch einmal kurz aus, warum es den FINAL CUT gibt. Wenn man genau hinschaut, ist diese Einführung etwas asynchron in Bild und Ton, aber zum Glück der einzige technische Fehler bevor APOCALYPSE NOW in vollem Glanz erstrahlt.

Apocalypse Now (1979)
APOCALYPSE NOW FINAL CUT im 4K-UHD, Blu-ray Steelbook von Studiocanal.

Die ersten Töne beginnen, nicht die E-Gitarrenklänge von „The End“ der DOORS, sondern die Rotorengeräusche eines Hubschraubers, was im dreidimensionalem Sound von DOLBY Atmos® vollkommen ausgekostet wird. Wenn man sich nicht zu sehr von dem intensiven Schauspiel und der irren Fahrt, die das Drehbuch unternimmt, ablenken lässt, fällt immer wieder dieser klare Raumklang auf. Die Atmos-Mischung drängt sich nie zu stark auf, was über die Lautsprecher an der Decke ein Leichtes gewesen wäre, sondern überzeugt durch eine klare, realitätsnahe Umgebung. Dies ist einer der vielen vergessenen Vorteile von Atmos, denn die Soundquellen können schon direkt neben der Leinwand erzeugt werden. Wo bei einem üblichen 5.1.- oder 7.1-Sound der erste Ton eine größere Strecke von der Leinwand bis zum ersten Lautsprecher an der seitlichen Wand zurücklegen muss, geht bei Atmos der Sound fließend in den Kinoraum über. Ein akustisches Erlebnis und es ist immer noch schade, wie wenig Kinos auf diese Technik setzen.

Apocalypse Now (1979)
© Zoetrope Studios / United Artists

Die Farben wurden ebenfalls noch einmal überarbeitet. Die starken Farbunterschiede zwischen den Szenen sind abgemildert. Der FINAL CUT fühlt sich auch hier wie eine Reise zu einem dunklen Finale an. Das Schwarz nimmt zum Ende ganz klar im Bild die Überhand ein. Wer nach dieser Version noch einmal auf REDUX zurückschaut, wird sich über die vielen unnatürlichen Farbgebungen wundern.

Der FINAL CUT stößt leider bei der Schärfe an seine Grenzen. Die aufwändigen Plansequenzen, man erinnere sich an das Aufeinandertreffen von Willard und Lieutenant Colonel „Charlie doesn’t surf“ Kilgore (Robert Duvall), die auch in 4K immer noch überzeugt. Aber vor allem bei dunklen Nahaufnahmen zeigt sich manche Unschärfe der Aufnahmen. Wenn Brando sich mit verschwitztem Gesicht im Dunkel bewegt, erkennt man, dass dem Kameramann Vittorio Storaro nur ein paar Zentimeter Tiefenschärfe zur Verfügung standen. Aber das fällt nur auf, wenn man sich nicht vom intensiven Spiel Brandos total einfangen lässt.

Fürs Heimkino erschien der FINAL CUT auf Blu-ray und 4K-UHD. Kollege Stefan Jung bespricht die neuen Versionen in diesem Beitrag.

Apocalypse Now (1979)
© Zoetrope Studios / United Artists

Fazit

APOCALYPSE NOW FINAL CUT wird durch diese wenigen Einschnitte zu einer konzentrierten Reise in die Dunkelheit des Wahnsinns. Persönlich würde ich mich immer für diese Version im Originalton entscheiden. Und am besten in einem Kinosaal mit gepflegter technischer Ausrüstung (DOLBY Atmos® und Laserprojektion) und cineastisch Gleichgesinnten. Es ist kein Wunschdenken, denn am 15. Juli 2019 wird dieser Traum war und der FINAL CUT kommt in ausgewählte Lichtspielhäuser. Ein Kinosaal mit DOLBY Atmos® sollte für jeden Filmfan eine eventuell längere Reise wert sein.

© Christoph Müller

Titel, Cast und CrewApocalypse Now - Final Cut (2019)
PosterApocalypse Now (1979)
Releasenur am 15.07.2019 im Kino
ab dem 29.08.2019 auf 4K-UHD, Blu-ray und DVD bzw. im limitierten Steelbook
Bei Amazon bestellen:
RegisseurFrancis Ford Coppola
Trailer
BesetzungMarlon Brando (Colonel Walter E. Kurtz)
Martin Sheen (Captain Benjamin L. Willard)
Robert Duvall (Lieutenant Colonel Bill Kilgore)
Frederic Forrest (Jay 'Chef' Hicks)
Sam Bottoms (Lance B. Johnson)
Laurence Fishburne (Tyrone 'Clean' Miller)
Albert Hall (Chief Phillips)
Harrison Ford (Colonel Lucas)
Dennis Hopper (Photojournalist)
G.D. Spradlin (General R. Corman)
Jerry Ziesmer (Jerry)
Scott Glenn (Lieutenant Richard M. Colby)
RomanvorlageNach dem Roman HERZ DER FINSTERNIS von Joseph Conrad und den Vietnamkriegs-Reportagen AN DIE HÖLLE VERRATEN von Michael Herrs
DrehbuchJohn Milius
Francis Ford Coppola
KameraVittorio Storaro
MusikCarmine Coppola
SchnittLisa Fruchtman
Gerald B. Greenberg
Walter Murch
Richard Marks
Filmlänge183 Minuten
FSKab 16 Jahren

2 Gedanken zu „Apocalypse Now – Final Cut | Filmkritik“

  1. Offen gesagt: Die Begründung, weshalb du den Wegfall der Szene begrüßt, verstehe ich nicht. Du schreibst „Die Szenenentfernung macht den Weg über den Fluss in das dunkle Herz eines Attentats aber konsequenter und intensiver.“ Das erschließt sich mir nicht. Der Weg über den Fluss wird ja bald darauf noch extensiver durch den Aufenthalt bei den Franzosen unterbrochen, da bringt das Entfernen der Szene mit den Tänzerinnen keine Intensität. Das Tempo wurde ohnehin runtergefahren. Ich fand, dass gerade das Schicksal der Frauen den Film noch etwas niederdrückender gemacht hat, und deshalb besonders diese Sequenz ganz wunderbar.

    1. Hey Volker, ich habe ja auch nicht geschrieben, dass ich die Szene mit der französischen Kolonials-Familie gut finde. Die nimmt auf jeden Fall völlig die Anspannung raus. Die „Tänzerinnen-Szene“ sehe ich genauso wie du, sie zieht sehr runter, aber sie lenkt auch ein bisschen vom Weg ab. Konsequent wäre natürlich auch die Löschung der französischen Szenen gewesen. Das eigentliche Highlight für mich in dieser Version ist das Kinoerlebnis mit dem Atmos-Ton und der neuen Farbgebung.

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