„Der Einfluss von Actionfilmen der 90er Jahre“
Michael Keaton konnte mit BIRDMAN sein Comeback in der anspruchsvolleren Filmlandschaft feiern und hat sich mit THE FOUNDER auch auf biografischem Terrain bewiesen. Alte Schauspielhaudegen können auch immer gut für eine Nebenrolle in Actionfilmen herhalten, gern als Trainer, Mentor oder Lehrmeister. Es sind bekannte Gesichter und die Erfahrung kaufen wir ihnen, dank ihrer Filmografie auch ab. Michael Keatons Auftritt als harter Ausbilder in AMERICAN ASSASSIN gibt dem Actionfilm-Genre nichts Neues, aber Keaton macht seinen Job, dem Kinoplakat ein bekanntes Gesicht zu verleihen, routiniert.
Handlung
Aber in American Assassin geht es nicht um die Figur von Michael Keaton, sondern um die von Dylan O’Brian (MAZE-RUNNER-Trilogie): Mitch Rapp. Während eines Urlaubs mit seiner Freundin Katrina werden Beide Opfer eines Terror-Anschlags. Katrina stirbt in den Armen ihres Verlobten und Mitch schwört Rache. Er entwickelt sich in Eigenregie nach 1 ½ Jahren zu einem gut ausgebildeten Kämpfer und infiltriert die Terrorzelle, die für den Anschlag verantwortlich ist. Als er endlich auf sein Racheopfer des Begehrens trifft, fliegt die ganze Sache, nicht nur sprichwörtlich, in die Luft und Mitch kann seine Rache nicht erfüllen. Sein Opfer stirbt nicht durch ihn. Der US-Geheimdienst greift ihn auf und kann ein solches Talent nicht auf der Straße liegen lassen. Rapp willigt in seine Karriere als im amerikanischen Interesse handelnder Auftragskiller ein. Michael Keatons gespielter Killer-Ausbilder Stan Hurley, soll ihm noch die letzten – von Emotionen gesteuerten – Flausen aus dem Kopf treiben. Was natürlich nicht so richtig gelingt, aber ein Auftrag, ganz im Stile der 90er Jahre, eine Atombombe im Spiel ist, lässt für alle Teilnehmer die Theorie zur Praxis werden. Ist Mitch schon soweit sich gegen die bösen Jungs zu behaupten? Na klar.
Der Filmbeginn mit dem Anschlag auf die Südseeidylle ist packend von Michael Cuesta (KILL THE MESSENGER) inszeniert. Leider ist die übliche „Trainingssequenz“ daraufhin wieder sehr stereotypisch und altbacken. Als Zuschauer bekommt man keinerlei Einblick in die Trauer von Mitch. Es ist, als ob er noch während der Beerdigung seiner Verlobten mit dem Wurfmesser-Training begonnen hätte. Aber der Survival-Waldmensch Michael Keaton bringt den Film wieder gut in Schwung und zeigt sich glaubhaft im Umgang mit aktueller Technik und in politischer Resignation. Es gibt noch eine Vielzahl von Nebenfiguren in der Geschichte, die aber recht belanglos sterben. Das interessiert uns auch nicht weiter, wir haben sie ja auch nicht wirklich kennengelernt.
AMERICAN ASSASSIN weist jedoch ein gutes Maß an passender Härte auf und die Erinnerungen an einen handfesten Actionfilm aus dem Hause Steven Segal oder Jean-Claude van Damme tauchen im Langzeitgedächtnis auf. Wenn man sich, die seit 2008 andauernde, Produktionsgeschichte des hauptsächlich in Europa spielenden Films ansieht, worin Chris Hemsworth, Colin Farrell oder Matthew Fox für die Hauptrolle im Gespräch waren, ist man mit Dylan O´Brian und seinem unverbrauchten und jungen Gesicht doch sehr zufrieden. Über eine Greatest-Hits-Folterszene leitet die Geschichte zu einem unerwarteten „das hat der Bösewicht also vor“ Actionfinale ein. Der Showdown hat sicherlich auch einiges an Dollar gekostet und ist überraschend packend.
Ich frage mich dennoch, ob es bei der aktuellen Nachrichtenlage ratsam ist, sich diesem Thema so oberflächlich zu stellen. Wen so etwas nicht stört, macht mit American Assassin nichts falsch und kann, dank dieses recht geradlinigen Actionfilms, das Kino gut unterhalten verlassen.
Chefredakteur
Kann bei ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT mitsprechen / Liebt das Kino, aber nicht die Gäste / Hat seinen moralischen Kompass von Jean-Luc Picard erhalten / Soundtracks auf Vinyl-Sammler / Stellt sich gern die Regale mit Filmen voll und rahmt nur noch seine Filmposter