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Amazon auf dem Mond FuturPak Steelcollection Turbine Cover

Amazonen auf dem Mond (1987) – Filmkritik

„Oder warum die Amis den Kanal voll haben“

Wir befinden uns im Jahre 1987. Die Filmbranche fürchtet – wie jedes Jahr – um sinkende Umsätze und verteufelt das Fernsehen und das boomende Home Video System (VHS) mit deren einhergehenden Raubkopien. Das Bild eines üblichen Fernsehabends entspricht einem passiven Ehepaar fest im Griff ihrer Fernsehsessel, das auf den Flimmerkasten starrt und über sein Fertig-Essen gebeugt dem Fernsehprogramm folgt. Die Einführung der Fernbedienung und die steigende Zahl an TV-Kanälen hat das Konsumverhalten gänzlich verändert. Bei nervigen Werbeunterbrechungen hat der Zuschauer nun endlich die Macht mit nur einer Bewegung des Fingers den Kanal zu wechseln und davon macht er reichlich Gebrauch. Zum einen, um keine interessante Sendung auf einem anderen Kanal zu verpassen und zum anderen, um bei langwelligen Szenen oder Werbung das Programm zu wechseln. Der Begriff „Zappen“ ist geboren. Und dieser Tätigkeit sind wir bei AMAZONEN AUF DEM MOND schonungslos ausgeliefert. Es bleibt ein Langfilm, aber der Inhalt wechselt von TV-Shows zu Spielfilmen, zeigt uns ein paar Werbespots und macht auch bei Dokumentationen einen kurzen Stopp: eine Komödien-Episodenfilm. Dieses Fernsehprogramm besteht nicht aus echten Sendungen der 1980er-Jahre, sondern stammt aus der kreativen Schmiede von John Landis (THE BLUES BROTHERS, DER PRINZ AUS ZAMUNDA) und seinen komödiantischen Kollegen.

Joe Dante führt beim Segment „Bullshit or Not“ die Regie // © Universal Pictures“

Landis hatte zu jener Zeit beide Füße fest auf dem Boden des Studiosystems Hollywood verankert. Nach seinem Regiedebüt SCHLOCK, konnte er Erfolge an der Kinokasse verbuchen. Er knüpfte auch den ein oder anderen Kontakt mit Schauspielern und Regisseuren seines Schlags. THE KENTUCKY FRIED MOVIE war 1977 eine wunderbare Fingerübung für Landis und eine Sketchshow am Fließband. Auch heute noch erfreut sich der Film an seinem kleinen Kultstatus. In den 80er-Jahren wollte er davon einen zweiten Teil drehen. Da er die Namensrechte an das Studio abgegeben hatte, konnte er es nicht THE KENTUCKY FRIED MOVIE 2 nennen. Er drehte bereits für Universal Pictures und hatte wenig Zeit, sich dem Projekt gänzlich anzunehmen. Um es dennoch fertigzustellen, fragte er kurzer Hand Kollegen wie Joe Dante (GREMLINS, DIE REISE INS ICH), Carl Gottlieb (CAVEMAN) oder Peter Horton (MISSISSIPPI – FLUSS DER HOFFNUNG), der hier sogar mir seiner damaligen Ehefrau Michelle Pfeiffer in einer Episode auftritt, ob sie bestimmte Episoden und Segmente übernehmen wollen. Klar wollten sie.

Carrie Fisher im Segment „Reckless Youth“ // © Universal Pictures

Inhalt „Amazonen auf dem Mond“

So fühlt sich AMAZONEN AUF DEM MOND auch beim ersten Sehen im 21. Jahrhundert an: Eine Witzesammlung von Autoren und Regisseuren, die einfach zu viele Filme gesehen haben und schon zu viel in diesem Gewerbe erlebt haben. Dass lässt die Jokes 30 Jahre später nicht permanent zünden – es ist wirklich hilfreich hierbei eine Fernsehbildung in den 1980er genossen zu haben – aber schenkt diesem Blick in die vergangenen Fernsehproduktionen viel Charm und Ehrlichkeit. Es gibt eine Sendung wie BullshitTV zu sehen, die vergangene Legenden nachstellen und „richtigstellen“. Der Serienmörder Jack the Ripper ist hier kein anderer als das Monster von Loch Ness. Die Dokumentation über das Playmate des Monats klärt auf, dass die freizügige Dame auch im Alltag nackt unterwegs ist und in einem Werbespot erfahren wir von Musiklegende B. B. King, dass in den USA alle sieben Minuten ein Schwarzer ohne Seele zur Welt kommt, nur um gleich darauf zu einem farbigen Autoverkäufer oder Schnulzensänger weiter zu zappen.

Marc McClure im Segment „Video Date“ // © Universal Pictures

Diese Satire hat definitiv mehr medien- und gesellschaftskritischen Biss als Stummfilmkomik, aber man muss dem Film doch ein paar Längen unterstellen, was auch an der unterschiedlichen Qualität der einzelnen Segmente liegt. Wenn Komiker bei der Trauerrede über den Verstorbenen Witze reißen, damit die Witwe leichter darüber weg kommt, sind deren Kalauer leider genauso alt wie sie selbst. (Diese Episode bleibt mir dennoch in guter Erinnerung, weil der Bestattungsmanager von Robert Picardo gespielt wird, der meine Lieblingsfigur des holografischen Doktors in STAR TREK: VOYAGER verkörpert.) Und das macht AMAZONEN AUF DEM MOND auch zu einer kurzweiligen Sketch-Show inklusive einer Zeitreise in die 80er, in der man immer wieder den ein oder anderen Schauspielstar entdeckt.

Ed Begley Jr. und Larry Hankin im Segment „Sohn des unsichtbaren Manns“ // © Universal Pictures

Die Blu-ray von Turbine im Steelbook

Die Blu-ray bei Amazon bestellen // © Turbine Media Group

Turbine hatte schon immer einen eigenwilligen Geschmack bei ihrer Filmauswahl bewiesen, was ich unglaublich schätze. Denn hier hat man das Gefühl, dass nicht die potentiellen Verkaufszahlen im Vordergrund stehen. Bei AMAZONEN AUF DEM MOND handelt es sich gleichzeitig um die deutsche Blu-ray-Premiere mit einem guten Bild. Mehr als gut ist hier leider auch nicht drin, denn das Urmaterial ist in seiner Optik auf Fernsehen ausgerichtet, trotz des 35-mm-Negativs. Man sieht dem Film die einfachen Studiokulissen und schwachen Beleuchtungen ohne weiteres an, weswegen es schwierig ist, hier eine objektive HD-Meinung abzugeben. Gleiches gilt für den Ton, der in Stereo abgemischt ist. Richtig glänzen, neben dem großartigen Cover, tun jedoch die Extras mit knapp einer Stunde Spielzeit. Ich empfehle dringend, die entfallenen Szenen zu sehen. Universal hat ein paar Segmente dem Scheidetisch geopfert, um diesen Kassenflop zeitlich kurz und finanziell niedrig zu halten. Vor allem die Episode „Unbekannter Soldat“ hat genau die richtige Balance zwischen Humor und Satire. Dann gibt es noch zwei neu produzierte Interviews mit Regisseur Carl Gottlieb, welche ein gutes Gefühl geben, wie damals nach der Methode „Gut, Schnell und Günstig“ gedreht wurde. Da nutzte man auch schnell mal ein anderes Filmset in den Pausen für die eigenen Zwecke. Mein Highlight ist jedoch das Gespräch mit Kameramann und Musikvideo-Legende Daniel Pearl (TEXAS CHAINSAW MASSACRE), der Probleme von aktuellen Produktionen konkret auf den Punkt bringt. Früher hat eine Sekunde Aufnahme aufgrund des teuren Materials einen Dollar gekostet, da musste jeder Handgriff sitzen.

Fazit

Für mich war die Reise zu den AMAZONEN AUF DEM MOND kurzweilig und perfekt für einen lockeren Filmabend. Für John-Landis-Fans und Liebhaber von 80er-Jahre-Komik ein Pflichtkauf und für alle anderen der perfekte Einstieg in einen Trashfilm-Abend. Eine tolle Veröffentlichung von Turbine mit weit mehr als einem Blu-ray-Upgrade.

© Christoph Müller

Titel, Cast und CrewAmazonen auf dem Mond oder Warum die Amerikaner den Kanal voll haben (1987)
OT: Amazon Women on the Moon
RegisseurJohn Landis
Joe Dante
Carl Gottlieb
Peter Horton
Robert K. Weiss
PosterAmazonen auf dem Mond Kinoposter Original
VeröffentlichungAb dem 25.06. in der Blu-ray-Softbox

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SchauspielerArsenio Hall (Apartment Opfer)
Michelle Pfeiffer (Brenda)
Peter Horton (Harry Landers)
Lana Clarkson (Alpha Beta)
B. B. King
Steve Guttenberg (Jerry)
Rosanna Arquette (Karen)
Robert Picardo (Rick Raddnitz)
Ed Begley Jr. (Griffin)
Carrie Fisher (Mary Brown)
Trailer
DrehbuchMichael Barrie
Jim Mulholland
KameraDaniel Pearl
MusikIra Newborn
SchnittMalcom Campbell
Marshall Harvey
Bert Lovitt
FSKab 12 Jahren freigegeben
Technische Daten der Blu-rayTon: Deutsch und Englisch - DTS-HD Master Audio 2.0 Stereo
Bild: 1,85:1 (1080p/24 Full-HD)
Untertitel: Deutsch, Englisch
Laufzeit: 85 min + ca. 63 min Bonusmaterial

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