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Alita: Battle Angel (2019) – Filmkritik

„Kriegerin macht große Augen“

Da hat es nun beinahe 20 Jahre gedauert bis ALITA den Sprung zur Realverfilmung auf die große Leinwand geschafft hat. Der Manga BATTLE ANGEL ALITA (Originaltitel: GANMU) aus dem Jahr 1991 von Autor Yukito Kishiro gehört zu den Besten des Cyberpunk-Genre und wurde bereits 1993 als Anime umgesetzt. 2000 sicherte sich James Cameron (TERMINATOR, AVATAR) die Filmrechte und gab 2003 sein Alita-Filmprojekt bekannt. Aber Cameron ist nicht für hohen Filmoutput bekannt und das „Project 880“, welches später zu AVATAR wurde, forderte seine ganze Konzentration und die geplanten drei Fortsetzungen werden ihn wohl bis in die Rente beschäftigen. Deswegen traten im Jahr 2015 Produzent John Landau und James Cameron an Robert Rodriguez (SIN CITY, FROM DUSK TILL DAWN) mit dem Regieposten für ALITA heran. Rodriguez ließ sich die Gelegenheit einen Film mit 200 Millionen-Dollar-Budget zu drehen natürlich nicht entgehen und nun ist es soweit ALITA: BATTLE ANGEL kommt endlich ins Kino. Die ersten Bilder und Trailer lösten starkes Missfallen bei den Fans des Anime und Mangas aus, aber der Film gehört doch zu der Sorte: „gar nicht mal so schlecht“.

Alita Battle Angel 2019 Review
© 20th Century Fox

Handlung

Die Welt wie wir sie kennen gibt es schon lange nicht mehr. Ein 300 Jahre alter Krieg hat den Planeten fast völlig verwüstet. Die Menschen leben auf engstem Raum in Iron City. Über dieser schwebt jedoch Zalem, die letzte der großen Himmelsstädte. Außer einem Transportsystem von Nahrung und Gütern nach Zalem, gibt es keine Verbindung zwischen beiden Städten und die Bewohner von Iron City leben vom Schrottmüll der Obrigkeit. Als Dr. Ido (Christopher Waltz) auf der Suche nach Ersatzteilen für seine kybernetische Notfallklinik durch die Schrottberge stöbert, findet er einen Frauenkopf, der noch intakte Hirnfunktionen vorweisen kann. Ido nimmt sie in seine Klinik mit und schenkt ihr einen Roboterkörper. Das Mädchen kann sich jedoch nicht an seine Vergangenheit erinnern und Ido tauft sie auf den Namen Alita. Für Recht und Ordnung im 26. Jahrhundert sorgen sogenannte Bounty Hunter (Kopfgeldjäger) und mit denen legt sich Alita (Rosa Salazar) gleich an.

Alita Battle Angel 2019 Review
Dr. Dyson Ido (Christoph Waltz) // © 20th Century Fox

Manga vs. Film

Die neue Perfect Edition von Carlsen Manga

Für Filmnerds steht immer die mit Gewissenskonflikten behaftete Frage im Raum: Soll man noch das Buch oder in diesem Fall den Comic vor dem Kinogenuss lesen? Nicht etwa um den verhassten Satz beim Abspann: „Also das Buch war besser“ zu bringen, sondern weil die Gefahr besteht, sich selbst zu spoilern. Aber wenn man sich als Filmkritiker seine Sporen verdienen will, hat man keine Wahl und die frisch erschienene Perfect Edition von Carlsen Manga ist so schön produziert, dass die Scheine förmlich von allein in den Comic-Laden des Vertrauens wandern.

Alita Battle Angel 2019 Review
Alita (Rosa Salazar) // © 20th Century Fox

Somit beantworten wir gleich die Grundfrage für alle Alita-Kenner: Die Handlung wurde zeitlich wie auch inhaltlich ziemlich über den Haufen geworfen. Was ja an sich gut ist, denn so bleibt der Kinobesuch für Manga-Fans spannend. Ob gewisse Handlungsstränge nun im Film Sinn machen, ist eine andere Geschichte. ALITA: BATTLE ANGEL wirkt ein bisschen so, als hätte man sich die Sahnehäppchen des Mangas herausgepickt und in ein Drehbuch gequetscht. Hier kann man davon ausgehen, dass Alita-Unerfahrene dies auch so spüren werden, denn nach zwei Drittel des Films fragt man sich, wie sie das Ganze noch spektakulär zu Ende bringen wollen, um einen Schlusspunkt setzen. Dann kommt die wohl ungewöhnlichste Erkenntnis in einem Actionfilm seit Langem: Sie tun es einfach nicht. Der Schlusskampf setzt actionmäßig nichts drauf, Alita muss nicht über ihre Kräfte hinauswachsen, einen überraschenden Twist gibt es auch nicht und der Oberschurke (die Besetzung ist der Knaller) lächelt bedeutungsschwer von seiner Himmelskuppel.

Die unerreichbare Stadt Zalem // © 20th Century Fox

Gutes und Schlechtes

Auch wenn man sich jetzt vielleicht veralbert vorkommt und alles nach Fortsetzung schreit, ist man doch lange nicht mehr so angefixt aus dem Kino gegangen, denn die Welt des 26. Jahrhunderts hat so ihre Highlights:

Alita Battle Angel 2019 Review
© 20th Century Fox

Allen voran ist Christoph Waltz in der Rolle von Dr. Ivo überraschend passend besetzt und einen Arzt spielen kann er einfach. Wir erinnern uns an seine kleine Nebenrolle bei HERR LEHMANN. Aus seinem Assistenten im Manga ist nun die Assistentin Idara Victor geworden. Was sich gut in die Geschichte fügt, jedoch wünscht man sich doch noch eine Beziehung zwischen ihr und Ido, denn so bleibt sie bis zum Ende eine Statistin. Der Fokus von ALITA: BATTLE ANGEL liegt vor allem auf der Liebesgeschichte zwischen zwei Teenagern, was dem Film mehr Emotionen als dem Manga geben soll, aber die Besetzung von Hugo mit Keean Johnson ist dann doch etwas zu sehr Team-Jacob-Twilight-mäßig.

Alita Battle Angel 2019 Review
Chiren (Jennifer Connelly) und Vector (Mahershala Ali) // © 20th Century Fox

 

Ganz großartig fahren hier Bösewicht Vector und Zapan auf. Zapan als schwertschwingender Schnösel wird von Ed Skrein (DEADPOOL) gespielt. Vector bekommt durch Schauspieltalent Mahershala Ali (MOONLIGHT, THE GREEN BOOK) eine stimmige Schizophrenie, hat sich aber vielleicht zu sehr aus dem Kostümschrank von Wesley Snipes aus BLADE bedient. Aber eine richtige Bedrohung will von ihnen nicht ausgehen. Auch der Kampf mit Grewishka (Jackie Earle Haley), welcher an die Figur Grewcica aus dem Manga angelehnt ist, bleibt unspektakulär. Wo die gezeichnete Alita im Kampf mit ihm noch ihre kompletten Fähigkeiten des Berserker-Körper kennenlernt und gebrauchen musste, verpufft es hier in den bekannten Action-Choreographien.

Kopfgeldjäger Zapan (Ed Skrein) // © 20th Century Fox

Stil

Kommen wir zum Faktor, der die potentiellen Kinozuschauer schon beim Trailer in zwei Lager spaltete: Alita. Sie wird von Rosa Salazar (MAZE RUNNER, BIRD BOX) zum Leben erweckt, ist jedoch komplett computeranimiert. Die großen Augen sollen wohl dem Manga Tribut zollen, aber für einen Realfilm sind sie völlig sinnfrei. Die Animatoren haben hierbei noch in die Trickkiste gegriffen und haben Alita ein nicht ganz so perfektes Gesicht gegeben. Die Haut wirkt manchmal etwas grobporig und auch die Zähne sind nicht ganz symmetrisch. Aber diese „Defizite“ machen die Computeranimation nun nicht gerade menschlicher, das verdankt Alita ihrer Puppenspielerin Rosa Salazar, was diese hier gelungen unter Beweis stellt.

Der Manga BATTLE ANGEL ALITA

Von der Manga-Figure-Ikone, welche die 90er Jahre in jedem Bild ausstrahlt und die mit einem puppenartigen Gesicht gesegnet ist , was gerade deswegen den Kontrast zur brutalen Kriegerin umso spannender macht, ist nichts mehr vorhanden. Eine zierliche Dame mit den blinkenden Augen einer verliebten Anime-Figur, welche die Gliedmaßen ihrer Feinde ohne Skrupel abhackt, ist in diesem Film nichts mehr zu sehen und somit verliert sie ihre Bipolarität, die sie im Comic so anziehend machte.

Alita Battle Angel 2019 Review
© 20th Century Fox

Da sind wir auch bei der größten Angst der Fans: In der Originalgeschichte geht es in Sachen Gewalt mehr als deftig zu Sache. Es werden Gehirnmassen aus Ohren gequetscht, Augenhöhlen mit Armen perforiert und immer wieder Köpfe abgehackt. Die gute Nachricht: Es ist hier keine Ab-12-Jahre-Alle-Können-Ins-Kino-Version entstanden, welche zu häufig aus umsatzgierigen Gründen angelegt wird. Der Film wird dennoch ab 12 Jahren sein, was äußerst fragwürdig ist. Da stellt sich aber auch die Frage, wer jetzt den Film schauen soll? Erwachsene werden mit einem kämpfenden Mädchen mit Glubsch-Augen nichts anfangen können und für Pubertierende könnte ALITA ein Highlight der Winterferien sein. Bleiben noch die Anime- und Manga-Fans aus den 90er Jahren, aber gehen die denn noch ins Kino oder sind sie schon an NETFLIX und Co. gefesselt?

Alita Battle Angel 2019 Review
© 20th Century Fox

Fazit

Alles sehr schade, denn ALITA: BATTLE ANGEL ist ein solider Actioner, dem etwas das Cyberpunk-Genre abhandenkommt und der sich in manchen Momenten, wie einer Kneipenschlägerei, eher wie ein Teenie-Western anfühlt. Fraglich, ob genug Potential für eine gelungene Fortsetzung übrig geblieben ist, weil die Drehuchautoren James Cameron und Laeta Kalogridis (SHUTTER ISLAND, PATHFINDER) sich schon die Filetstücke aus dem Manga gepickt haben. Trotz aller Nörgelei kann man bei diesem Film viel Spaß haben und ein Besuch der 3D-IMAX-Version lohnt sich auf jeden Fall.

Titel, Cast und CrewAlita: Battle Angel (2019)
Poster

Release
ab dem 14.02.2019 im Kino
ab dem 01.08.2019 auf 4K-UHD, Blu-ray und 3D-Blu-ray
bei Amazon bestellen:
RegisseurRobert Rodriguez
Trailer
DarstellerRosa Salazar (Alita)
Christoph Waltz (Dr. Dyson Ido)
Keean Johnson (Hugo)
Ed Skrein (Zapan)
Mahershala Ali (Vector)
Jennifer Connelly (Chiren)
Lana Condor (Koyomi)
Michelle Rodriguez (Gelda)
Eiza González (Nyssiana)
Casper Van Dien (Amok)
DrehbuchJames Cameron
Laeta Kalogridis
Robert Rodriguez
MusikTom Holkenborg (Junkie XL)
KameraBill Pope
SchnittStephen E. Rivkin
Ian Silverstein
Filmlänge122 Minuten
FSKab 12 Jahren

3 Gedanken zu „Alita: Battle Angel (2019) – Filmkritik“

  1. „Es ist hier keine Ab-12-Jahre-Alle-Können-Ins-Kino-Version entstanden, welche zu häufig aus umsatzgierigen Gründen angelegt wird.“ und dann „Der Film wird dennoch ab 12 Jahren sein, was äußerst fragwürdig ist.“ What the… ?
    Das war wohl ziemlich am Thema vorbei. Die Frage war ja im Vorfeld eigentlich, ob man eine PG13-Fassung anfertigt, damit (zumindest in den USA) alle ins Kino dürfen, oder eine R-Rated, in der Blut, Splatter und Nudity hätten gezeigt werden dürfen. Und es ist ja nun erstere, „harmlose“ Variante geworden (auch wenn PG13, – und auch FSK12, wenn man an etwa Blade Runner 2049 denkt, der in den USA R-Rated war – heute mehr zeigen dürfen als noch vor 20 Jahren). Und wenn ich mir die anderen Freigaben weltweit betrachte, dürfte das auch von den Machern entsprechend ausgelegt worden, um in jedem Markt ein niedrige Freigabe zu garantieren; gerade in England sind bei vielen Actionfilmen noch Schnitte nötig, um nicht doch eine Freigabe ab 15 Jahren zu bekommen. Mir ist das im Endeffekt gleich, hatte ich doch eh mit der „harmlosen“ Variante gerechnet. Ich gehe auch davon aus, dass der neue Terminator ebenso mühelos sein PG13 und entsprechend eine FSK12 bekommt.
    Btw, mussten die Spoiler über das Ende jetzt wirklich sein? 😉

    1. Hey Thomas,
      also viel Blut ist jetzt nicht zu sehen. Ich bin ja erst nach der Pressevorstellung von einer FSK-16 ausgegangen. War heute dann recht schockiert als mich jemand auf die ab-12-Jahren-Freigabe aufmerksam gemacht hat, was ja auch bedeutet, dass elterliche Begleitung das Ganze auf bis 6 Lebensjahre reduzieren kann.
      Sorry wenn ich etwas aus dem Ende gespoilert habe, dass war keine Absicht. Ich gelobe Besserung.

  2. Ich kenne weder das Comic, noch lese ich Anime. In den Film gelockt haben mich der Name Cameron, gute Besprechungen und meine Liebe zu 3D im Kino.
    Ich finde Alita, so wie sie dargestellt wurde sehr gelungen. Ein Wolf im Schafspelz, ein unschuldig wirkender Engel mit grossen Augen, hinter dem sich eine Killermaschine verbirgt. Ich verstehe daher nicht, warum ihr Aussehen kritisiert wird, denn dieser angesprochene faszinierende Kontrast ist doch noch immer da?
    Und warum sollten Erwachsene nichts damit anfangen können? Brauchen sie doch am wenigsten eine Identifikationsfigur und können (ich jedenfalls kann es problemlos) auch etwas mit einem kämpfenden „glupschäugigen“Mädchen anfangen.
    Das die Gewalt heruntergefahren wurde, war eine sinnvolle Entscheidung. Ich finde es jetzt immer noch ziemlich deftig und mehr würde zu sehr von der Hintergrundgeschichte ablenken.

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