„Genre-Mashup“
Dass Action- und Science-Fiction-Blockbuster nicht zwingend aus Hollywood kommen müssen, ist sicherlich kein Geheimnis mehr. Vor allem Südkorea entwickelt seine eigene Filmindustrie prächtig, was nicht nur an der eigenen erfolgreichen Multimedia-Industrie liegt, sondern auch dankend in der Gesellschaft aufgenommen wird. Südkoreanische Popkultur ist zur Milliardenindustrie gewachsen und Filmproduktionen sind ein Teil davon. In den letzten Jahren fanden vor allem harte Actionkracher (PENINSULA, 2020), Science-Fiction-Streifen (SPACE SWEEPERS, 2021), Mysteryfilme (SPIRITWALKER, 2020) und Historienepen (THE SWORDSMAN, 2020) ihren Weg nach Deutschland. Warum also nicht alle Genres in einem Film bündeln und direkt jedem das geben, was er gerne sehen möchte? ALIENOID ist ein Action-SciFi-Martial-Arts-Knaller, der unterhält, schräg humorvoll ist und leider am Ende den größten Hollywood-Fehler der letzten Jahre macht: Es endet nicht.
Handlung
Der Planet Erde dient schon seit vielen Jahrhunderten als Gefängnis für Außerirdische. Die Gesetzesbrecher werden nicht einfach auf unserem Planeten abgesetzt – sie könnten in unserer Atmosphäre auch gar nicht überleben – sie werden in die Hirne von ahnungslosen humanoiden Wirten übertragen. Dort sind sie gezwungen ein passives Dasein bis zum Lebensende ihres Trägers zu verbringen. Dass keiner ausbricht, dafür sorgt das Roboter-Team Thunder (Kim Dae-Myung) und Guard (Kim Woo-bin). Thunder ist Jeep, Raumschiff und fliegender Roboter in einem und Guard ist ein Cyborg mit ungeahnten Kräften und Waffen. Die Ausbrüche ereignen sich nicht nur in unserer Gegenwart, sondern auch in der Vergangenheit. Als beide im 14. Jahrhundert erfolgreich die Menschheit vor einem extraterrestrischen Ausbruch bewahren, nehmen sie ein Findelkind auf und reisen zurück in die Gegenwart. Der Spross wächst zu einem „normalen“ Mädchen (Choi Yoo-Ri) heran, was mit ihren seltsamen Ziehvätern immer mehr in Konflikt gerät.
Parallel dazu spielt ALIENOID noch im Jahre 1391. Der junge Tao-Magier Mureuk (Ryu Jun-Yeol) verdient seinen Lebensunterhalt als Kopfgeldjäger. Doch eines Tages wird ein Gegenstand für eine hohe Belohnung ausgeschrieben. Es ist die göttliche Klinge, woran ebenfalls einiger Vertreter mit übermenschlichen Kräften Interesse haben, unter anderem eine junge unbekannte Kämpferin (Kim Tae-ri).
Fantasy-Cocktail
Warum nicht Science-Fiction und Tao-Magie mischen? Beide wirken für Unwissende geheimnisvoll und fremd. Im 14. Jahrhundert wäre man mit einer Taschenlampe ohne Zweifel als Magier durchgegangen. Als Bindeglied zwischen diesen beiden Welten dient die gute alte Zeitreise und das macht ALIENOID fürs durchschnittliche Publikum zu einer Herausforderung. Zukunftsszenario, außerirdische Kräfte und magische Historienhandlung strömen auf uns ein. Im Zweifel, cool bleiben und einfach von den Effekten und Kämpfen überrollen lassen. Die sind spannend, brachial und trotzen der Schwerkraft. Die Handlung im alten Kaiserreich ist wesentlich spannender als die der Gegenwart, auch wenn hier eine ganze Stadt von einem UFO in Schutt und Asche gelegt wird. Die Vergangenheit im alten Königreich macht einfach mehr Spaß wegen des Protagonisten Mureuk. Selbstsicher, eitel und tollpatschig schlingert er durch ALIENOID. Sidekicks in Form von zwei Katzenwesen und Begleitern gibt es als Bonus. Aber auch die Gegner, vor allem das Magierpaar Heuk-seol (Yum Jung-ah) und Cheong-woon (Jo Woo-jin) sind nicht nur wegen ihrem taostischen Geschäftskonzept verrückt und durchgeknallt.
Effekte vs. Story
Die Action ist nicht nur im Zweikampf spannend, sondern auch im Cockpit eines Raumschiffs, was durch eine Metropole donnert. Vieles ist animiert und nicht immer gelingt eine Übertragung in ein physisches Erlebnis fürs Publikum, aber insgesamt sind die Effekte effizient eingesetzt, erfüllen ihren Zweck und fügen sich ins Bild. Dünn wird es jedoch im Bereich des Drehbuchs. Klar ist es ein Unterhaltungsfilm, aber wenn einem die Figuren nicht am Herzen liegen, ist es nur ein Feuerwerk ohne Herz. Die junge Lee Ahn wird zum Beispiel von zwei außerirdischen KIs aufgezogen. Guard bringt überhaupt kein Verständnis für seine Adoptivtochter auf und da fragt man sich, warum das Mädchen weiß, was richtig und falsch ist, so dass es sogar den eigenen „Vater“ bei der Polizei anzeigt. Die meisten Logikfehler bewegen sich auf den Pfaden der Komödie, was man dann nicht ganz so ernst nimmt.
Das Konzept mit den zwei parallelen Handlungssträngen ist zwar spannend, aber meist nur nervige Unterbrechung. Solche Sprünge machen nur Sinn, wenn die eine Zeitachse gerade einen Hinweis braucht, von dem in der anderen erzählt wird. In ALIENOID will man eigentlich nur der Story im 14. Jahrhundert folgen und die Gegenwart ist einem weitestgehend egal. Zum Glück springen alle im Finale in die Vergangenheit und rüsten sich für die große Schlacht.
Coming soon
Das Tempo von ALIENOID ist hoch, es wird nie langweilig und die Requisiten sind stets ein Hingucker. Was jedoch richtig unzufrieden macht, ist das Ende. Es gibt nämlich keins. Es werden sogar noch mehr Fragen gestellt als beantwortet und das lässt einen verwirrt auf den Abspann starren. Vielleicht wäre ein Serienformat passender gewesen. Lange auf Antworten warten müssen wir zum Glück nicht, denn Regisseur Choi Dong-hoon hat bereits alles in mehr als einem Jahr gedreht und 2023 wird ALIENOID 2 in den koreanischen Kinos starten. Bleibt zu hoffen, dass es in Deutschland nicht so lang auf sich warten lässt.
Fazit
Cooler Mix aus hochwertigen koreanischen Produktionen der letzten Jahre. Auch wenn ALIENOID nie langweilig ist, hätte etwas mehr Figurentiefgang und weniger Fortsetzung-Folgt-Mentalität im Finale das Erlebnis verbessert.
Titel, Cast und Crew | Alienoid (2022) |
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Poster | |
Release | seit dem 20.01.2023 im Mediabook (UHD + Blu-ray) und als Einzel-Blu-ray und -DVD Ihr wollt den Film bei Amazon kaufen? Dann geht über unseren Treibstoff-Link: Direkt bei Capelight Pictures bestellen >>> |
Regisseur | Choi Dong-hoon |
Trailer | |
Besetzung | Ryu Jun-Yeol (Mureuk) Kim Tae-ri (Lee Ahn) Kim Woo-bin (Guard) Jo Woo-jin (Cheong-woon) Kim Dae-Myung (Stimme von Thunder) So Ji-seob (Moon Do-seok) Yum Jung-ah (Heug-seol) Lee Hanee (Min Kae-in) |
Drehbuch | Choi Dong-hoon |
Kamera | Kim Tae-Kyung |
Musik | Jang Young-gyu |
Schnitt | Park Jin-young |
Filmlänge | 143 Minuten |
FSK | ab 12 Jahren |
Chefredakteur
Kann bei ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT mitsprechen / Liebt das Kino, aber nicht die Gäste / Hat seinen moralischen Kompass von Jean-Luc Picard erhalten / Soundtracks auf Vinyl-Sammler / Stellt sich gern die Regale mit Filmen voll und rahmt nur noch seine Filmposter