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City Under Fire (2020) – Filmkritik

Man muss nicht immer einer von den Guten sein. Mark Wahlberg, Dwayne Johnson und Vin Diesel wollen stehts als Helden gesehen werden. Es gibt keine Rolle eines Schurken in ihrer Vita. Hong-Kong-Superstar Andy Lau gehört nun nicht mehr dazu. Meist in der Rolle des Good Guy zu sehen, hat er sich mit CITY UNDER FIRE auf die böse Seite des Actionfilms gestellt. Das ist recht mutig, vor allem wenn man bedenkt, dass CITY UNDER FIRE eigentlich SHOCK WAVE 2 heißt und Lau im Vorgängerfilmen einen guten Cop bei einer Bomben-Entschärfungs-Einheit spielt und jetzt zum gewissenlosen Fiesling mutiert. Das deutsche Filmlabel Koch Films hat sich für eine Titeländerung entschieden, weil beide Filme lediglich Andy Lau und die Bomb Squad Unit gleich haben.

Fürs Hong-Kong-Kino gelten noch nie feste Regeln, außer die von spannender und temporeicher Action, da kann man einfach einen zweiten Teil mit demselben Hauptdarsteller drehen, aber keine lineare Geschichte erzählen. CITY UNDER FIRE ist aber nicht nur Action, weil sich die Drehbuchautoren einige überraschenden Wendungen überlegt haben, um auch in den Szenen des Verschnaufens für emsige Synapsenarbeit bei uns Zuschauerinnen und Zuschauern zu sorgen. Das ist im Ganzen etwas unrund, aber dafür endet der Film mit einem Knall und was für einem.

© Koch Films

Handlung

Poon Sing-fung (Andy Lau) ist einer der besten im Bomben-Entschärfungsteam der Hong-Kong-Polizei. Mit seinem Kollegen Tung Cheuk-man (Lau Ching-wan) meistert er jede Situation bis Sing-Fung bei einem Einsatz seinen linken Fuß verliert. Aber er ist nicht aufzuhalten, besteht die Rhea in Windeseile und trainiert härter als alle anderen, so dass er weit über dem Leistungsdurschnitt der Kollegen liegt. Die Vorgesetzten wollen dennoch keinen Kollegen mit „Behinderung“ in ihrer Spezialeinheit und somit wird Sing-Fung an den Schreibtisch verbannt. Der Zorn über diese Ungerechtigkeit treibt ihn auf die andere Seite des Gesetzes, jedoch startet das Schicksal sein Leben neu und lässt ihn sein altes Ich vergessen. Ob Ex-Freundin Pong Ling (Ni Ni) ihn an sein Leben vor dem Unfall erinnern kann? Hong Kong steht zusätzlich noch unter Hochspannung, da ein Bombenanschlag dem nächsten folgt und das große Finale der internationale Flughafen sein soll. Ein Wettrennen um die Zeit und Erinnerungen hat begonnen.

© Koch Films

Aber die Genreregeln

Drehbuchautor und Regisseur Herman Yau kennt die steifen Spielregeln seiner Filmsparte, aber es gelingt ihm dennoch für ein paar Überraschungen zu sorgen. Der fiktive Zeitsprungstart zieht direkt die Aufmerksamkeit auf sich und auch der Unfall von Sing-Fung ist unerwartet. Kein Gejammer von der Art „Was mache ich ohne Fuß?“ Nein, es geht direkt ins Fitness Center, gute Laune, ein paar Witze, viele Schulterklopfer und das Leben ist besser als je zuvor. Das Drama nimmt erst seinen Verlauf als er nicht mehr in seine alte Einheit darf. Behördenirrsinn und intolerante Vorgesetzte, das Leben liegt in Trümmern. Blöd, wenn man nur für den Job lebt, da kann man schon zum Anarchisten werden.

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CITY UNDER FIRE ist aber in der Hinsicht clever durchdacht, da die Figur von Andy Lau durch die Amnesie, quasi wieder zu einem Guten wird, auch dank der schönen Ni Ni, die leider permanent einen nichtssagenden grünen Militär-Overall tragen muss. Jetzt hätte die Geschichte viel geheimnisvoller und investigativer sein können, in der der Protagonist quasi gegen seinen bösen Vergangenheitszwilling kämpft. Aber leider castet CITY UNDER FIRE noch ein Loser-Team als Vendetta-Terroristen mit Miliz-Attitüde, stummen Waffenträgern und einem bescheuerten Leitspruch: „Nur wer im Dreck gelegen hat, kann wieder auferstehen.“ Oberschurke Tse Kwan-Ho (Ma Sai-kwan) kauft man das in seinen blütenweißen Designer-Klamotten nicht ab, die anarchistische Diskussion beim Fallschirmspringen noch weniger und Intelligenz schon gar nicht.

© Koch Films

Action mit großem A

Dafür geht es in den Actionszenen knackig zur Sache. Die CGI-Effekte überzeugen zum großen Teil, die Schnittfolgte ist temporeich und die Kamerawinkel vielfältig. Beliebt ist die Überwachungskamera-Perspektive, die immer etwas mehr Realismus verleiht. Schießereien, Parcours-Elemente, Autoverfolgungsjagden und natürlich brenzlige Entschärfungs-Momente bestimmen den Großteil der Handlung. Beim Product Placement wird sich nicht zurückgehalten. Die Schurken fahren Jaguar, das Girl of Interest einen weißen Tesla und Land bzw. Range Rover stehen immer frisch poliert im Kameraausschnitt. Außerdem macht Andy Lau für Gabapentin-Tabletten recht offenkundig Werbung, was aber hierzulande als Epilepsiemittel verschrieben wird. Vielleicht soll es einfach die Nerven der Figur beruhigen.

© Koch Films

Das neue Hong Kong

Es legt sich aber ein unangenehmer politischer Beigeschmack über das kurzweilige Filmvergnügen. Hong Kong wird in den letzten Jahren brachial der chinesischen Regierung einverleibt. Die freiheitsliebende Ex-Kolonie Großbritanniens hat mit staatlich gesteuerten Medien, zensiertem Internet und diktatorischen Paradigmen natürlich ihre Probleme was zu Konflikten führt. Unterschwellig kommt auch diese Unterdrückung in der Handlung zum Ausdruck. Der Prozess vom Musterpolizisten zum Anarchisten geht völlig unverständlich schnell. Das Umfeld von Sing-fung ergibt sich schnell ihrem Schicksal, unterstützen ihren Kollegen und Freund kaum, sondern sehen in seinem Rebellentum eher eine Krankheit. Somit steuert das Drehbuch ein, gibt der Hauptfigur das Geschenk der Amnesie und lässt sie wieder auf der moralischen Seite auftreten. Bleibt die Frage, wer nun wirklich der Schurke ist. Wo SHOCK WAVE (2017) mit einem komplexen Gegenspieler überzeugte, wird die Behörde in CITY UNDER FIRE der eigentliche Gegner, der durch ungerechte Behandlung von körperlich eingeschränkten Menschen (natürlich ist Andy Lau hier eher ein Sechs Millionen Dollar Mann) mit eisigem Kalkül durchgreift. Vielleicht eine Metapher auf die aktuelle Situation vor Ort. Der Actioner tritt dennoch als guter Imagefilm für ein modernes, sauberes und westliches Hong Kong auf. Schon Reisepläne?

Fazit

Im ersten Filmdrittel etwas zu bemüht um eine komplexe Figuren- wie auch Spannungsentwicklung. Andy Lau ist für eine bipolare Rolle leider nicht der richtige Ansprechpartner, vor allem, wenn nicht einmal das Drehbuch an ihn glaubt. Wer jedoch über Idioten-Terroristen hinwegsehen kann, wird ein kurzweiliges Actionvergnügen des Hong-Kong-Kinos erleben, dem seine Rauheit fehlt, aber dafür mit Tempo und vielseitiger Action unterhält.

© Christoph Müller

Titel, Cast und CrewCity Under Fire (2020)
OT: Chai dan zhuan jia 2
int.: Shock Wave 2
Poster
Releaseab dem 24.02.2022 auf Blu-ray und DVD

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RegisseurHerman Yau
Trailer
BesetzungAndy Lau (Poon Shing Fung)
Ching Wan Lau (Tung Cheuk Man)
Ni Ni (Pong Ling)
Kwan-Ho Tse (Ma Sai Kwan)
Ron Ng (Lun Ting Pong)
Tak-Bun Wong (Chan King To)
DrehbuchHerman Yau
Erica Li
Eric Lee
KameraKwong-Hung Joe Chan
MusikJan Hung Mak
SchnittWai-Chiu Chung
Filmlänge120 Minuten
FSKab 16 Jahren

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