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10 Jahre Bahnhofskino – Wir Gratulieren

Am 02. Juni 2012 geht der Bahnhofskinopodcast zum ersten Mal auf Sendung. Patrick Lohmeier und Daniel Gramsch stellen sich der Welt vor mit der Besprechung zweier, nun ja, wenig bemerkenswerten filmischen Auswüchsen zweier großer Regisseure: LAST MAN STANDING von Walter Hill und BULLET IN THE HEAD von John Woo. Charmanterweise gibt es einen kleinen Hick-Up: Daniel und Patrick haben sich nicht auf eine gleiche Fassung von BULLET geeinigt und reden ein bisschen aneinander vorbei. Der Grundstein für einen der einflussreichsten, unterhaltsamsten und bildendsten Filmpodcasts Deutschlands ist gelegt.

Mir begegnete das Bahnhofskino das erste Mal schätzungsweise 2016. Wie sicherlich viele andere deutsche Podcasthörer:innen wurde ich v.a. mit dem GameOne Podcast sozialisiert. Durch einen Blindkauf von Nikias Chryssos Debütfilm DER BUNKER stieß ich auf ein Filmgespräch, indem mir vor Allem die Stimme eines gewissen Herrn Patricks auffiel. Das war dann meine Eintrittskarte in den ja schon 4 Jahre umfassenden Bahnhofskinozyklus. Und die Eintrittskarte in eine ganz neue Welt der Filmrezeption und auch Filmauswahl. Die beiden Herren Gramsch und Lohmeier haben Film ja durchaus studiert, und schafften es mir damals siebzehnjährigen auf angenehmste Art und Weise, teilweise hoch verkopfte Filmwissenschaft aufs Angenehmste und Unterhaltsamste zu vermitteln. Das ist eine Leistung, die man den beiden Jungs gar nicht hoch genug anrechnen kann. Wie die beiden Woche um Woche es immer wieder schaffen, das Meiste aus teilweise recht inhalts- bzw. belangsloswirkenden Filmen herauszuholen, ist in der deutschen Podcastwelt unerreicht. Ohne Vorurteile stürzen sie sich von Roberta Findlay bis James Cameron auf sämtliche Erzeugnisse der Filmwelt, ganz nach ihrem Motto „Genrekino von A bis Sleaze“. Dabei haben sie wenig falsche Ehrfurcht vor großen Genreklassikern, gerade in den ersten Episoden könnte man den beiden den unbedingten Willen, TERMINATOR oder CONAN teilweise über Gebühr kritisch einzuordnen, natürlich als etwas jugendlichen Kantigkeitswillen um der Kantigkeit anrechnen. Das Ganze passiert allerdings nie unfundiert, sondern immer belastbar und nachvollziehbar „am Text“ argumentiert. Man mag sich den Knallmoment in meinem Kopfe vorstellen, als ich den beiden lauschte und sie mir in ihrer Folge über „Überschätze Filme“ den doch durchaus vorhandenen Simplizissmus des FORREST GUMP erläuterten und ich in mir übereinkommen musste: Die haben durchaus nen Punkt.

10 Jahre Bahnhofskino. Eine Dekade. Und was in dieser Dekade alles bahnhofskinoiges passierte. Patrick stampfte noch munter Spin-Off Formate aus dem Boden, 2018 startete die Bahnhofskino-Extended-Edition (der Hashtag BEEPcast konnte leider nicht vollständig etabliert werden), in der munter die gesamte Podcastersezene Deutschlands versammelt wird, um von ZOMBI 3 bis PELLE, DER EROBERER all das abzuklappern, was dem sowieso schon reichhalten Programm des Hauptcastes endgültig die Krone aufsetzte. Im ABC des Filmes setzen sich Patrick und Michael Tierse der teilweise schwierigen Aufgabe, Filme nach dem Alphabet zu besprechen. Da wird man manchmal kreativ, wenn einem Buchstaben wie das fiese Q das Leben schwer machen. Der mittlerweile abgeschlossene Der kleine Rat mit Anne-Katrin Pache-Wilke (Klassikerfaible) zählte zu den unterhaltsamsten GAME OF THRONES Recaps. In Spielfilmen widmen sich Patrick und Dennis Bastian (Lichtspielcast) der kompletten Filmografie eine:r Regisseur:in (im Juni dürfen wir uns auf einen Rückblick auf Penny Marshal freuen). Das neuste Format: Ein Heim für Serien (bester Introsong ever), zusammen mit Brit-Marie Robrecht, widmet sich die Pilotfolge einer mehr oder weniger aktuellen Serie. Und dann hat Patrick ja auch noch mit COLUMBO, COLUMBO eines der unterhaltsamsten Film-(bzw. Serien)analystischen Bücher diesseits von Alpha Centauri veröffentlicht, indem man selbst als COLUMBO unkundiger Mensch gerne blättert.

Daniels Comicreihe ALINA FOX um die titelgebende Meisterdiebin gehört in jeden gut sortierten Buchschrank und beweist, dass auch in Deutschland freshe Genrekost möglich ist. Außerdem kann man den Mann, der das Wort „rattendoll“ hierzulande wieder salonfähig gemacht hat, in regelmäßigen Abständen als Teil des offiziellen Berliner ROCKY HORROR Shadowcastes erleben. Da bleiben keine Füße auf dem Parkettboden.

Kurzum: Alles Gute zu 10 Jahren Podcasthistorie, Jungs. 10 Jahre, in denen ihr lange, bevor es auf Partys cool war, das Ouvre von Bruno Mattei über dem von Wim Wenders zu ranken, die Stange für das Außenseiterkino hochgehalten habt. In denen ihr fast eine ganze Generation auf bisher übersehene oder missachtete Filme gestoßen habt. Bleibt euch treu und ich hoffe, wir sehen uns im Jahre 2032 wieder hier zum 20. Geburtstag. So, und jetzt alle ab ans Buffet, bevor der Nudelsalat kalt wird.

Hier zum Abschluss noch meine ganz persönliche Top 5 der Bahnhofskino Episoden (das Ranking bedeutet eigentlich wenig)

In diesem Sinne: Auf weitere 10 Jahre in der Spätvorstellung mit den schmierigen (nicht schwierigen, werter Herr Kollege Jung) Onkels.

© Fynn

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